Nachhaltigkeit in der Forstwirtschaft - mehr als ein Modebegriff
Egal ob Unternehmen oder Politik – der Begriff „Nachhaltigkeit“ wird seit einigen Jahren rege verwendet. Manche sagen der Begriff „Nachhaltigkeit“ werde inzwischen inflationär verwendet.
Woher kommt der Begriff Nachhaltigkeit eigentlich?
Hans Carl von Carlowitz, ein Oberberghauptmann aus Freiberg in Sachsen, hat das Prinzip der Nachhaltigkeit als erster beschrieben. Als der Rohstoff Holz im 18. Jahrhundert immer knapper wurde, verfasste Carlowitz 1713 sein Werk "Sylvicultura oeconomica". Darin schrieb er nieder, dass immer nur so viel Holz geschlagen werden sollte, wie durch planmäßige Aufforstung, d. h. durch Säen und Pflanzen nachwachsen kann. Carlowitz forderte eine „nachhaltende“ Nutzung, die als nachhaltige Forstwirtschaft schnell zu einem Fachterminus wurde. „Förster pflegen den Wald. Bis ein Zukunftsbaum hiebsreif ist, vergehen mehrere Förstergenerationen. Es ist das oberste Prinzip den Wald für die Folgegenerationen zu erhalten. Gleichzeitig arbeiten wir daran die Wälder immer klimastabiler zu machen. Das ist nachhaltiges Handeln“, führt der stellvertretende Forstamtsleiter des Enzkreises Michael Gerster aus.
Wie wird heutzutage die planmäßige Bewirtschaftung großer Wälder sichergestellt?
Heutzutage ist die nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes Waldbesitzern durch das Bundeswaldgesetz und Landeswaldgesetz vorgegeben. Um größere Wälder nachhaltig bewirtschaften zu können, braucht es einen Plan. Deshalb wird der Staats- und Körperschaftswald heutzutage ab einer bestimmten Größe nach periodischen und jährlichen Betriebsplänen bewirtschaftet.
Im Jahr 2025 wird in elf Gemeinden des Enzkreises die periodische Betriebsplanung, auch als Forsteinrichtung bekannt, erneuert. Die Forsteinrichtung ist die mittelfristige forstliche Betriebsplanung und Planungsinstrument für jeden großen Forstbetrieb. Alle Gemeinden des Enzkreises haben Wald. Vor der „Einrichtung“ des Waldes wird eine Waldinventur durchgeführt. Hierbei erfasst man den aktuellen Waldzustand, beispielsweise die Baumarten, das Alter und die Holzmasse. Neben der Gewährleistung der Nachhaltigkeit dient die Forsteinrichtung auch als Controlling-Instrument. Es werden die im letzten Jahrzehnt durchgeführten Maßnahmen mit der abgelaufenen Planung verglichen. Kam es zu Abweichungen, wird geschaut, welche Gründe es hierfür gab. Gründe könnten zum Beispiel hohes Schadholzaufkommen in Folge von Sturm und Borkenkäfer sein.
Auf Grundlage der Zustandserfassung, des Rückblicks und der Eigentümerzielsetzung des Waldbesitzers für die Forsteinrichtungsperiode wird dann der Bewirtschaftungsplan für die nächsten zehn Jahre erstellt und im sogenannten Forsteinrichtungswerk niedergeschrieben. Die Eigentümerzielsetzung wird vom Eigentümer für den Gesamtbetrieb festgelegt. Dabei werden die Bereiche Ökologie, Ökonomie und Soziales untereinander gewichtet sowie für die einzelnen Bereiche untergeordnete Ziele formuliert.
„Der Wald kann nicht alle Waldfunktionen auf einer Fläche erfüllen. Deswegen kann auf Teilflächen die Priorisierung auch mal anders ausfallen. Im Rahmen der Planungsbegänge durch den Forsteinrichter und die Revierleitung erfolgt für einzelne Waldflächen eine individuelle Planung“, erklärt Sarah Zwerenz, Revierleiterin von Remchingen und Kämpfelbach. Insbesondere auf FFH-Flächen oder in Naturschutzgebieten, Biotopen oder Waldrefugien werden auch Naturschutzmaßnahmen in das Forsteinrichtungswerk integriert.
Grundlage für die Planung ist neben der Zielsetzung des Eigentümers und den Inventurdaten der gemeinsame Begang von Forsteinrichter und Revierleiter. Zusammen besichtigen sie alle Flächen des Gemeindewaldes und beplanen diese jeweils individuell. Ralf Rothweiler, Revierleiter von Keltern, berichtet: „Die letzten Jahre kam es bei uns immer wieder bedingt durch Hitze und Trockenheit zu Dürreschäden insbesondere an Altbuchen. Diese Neuerung berücksichtigen wir natürlich jetzt in unseren Planungen.“
„Im Forsteinrichtungswerk steht für jede Teilfläche des Gemeindewaldes, ob und wie viel Holz genutzt werden soll. Ebenfalls werden Maßnahmen zur Pflege der jüngeren Bestände oder Pflanzungen vorgesehen“, berichtet Michael Bruder, Revierleiter von Straubenhardt. Liegt der neue Entwurf für ein Forsteinrichtungswerk vor, wird dieses bei Kommunalwäldern dem jeweiligen Gemeinderat zum Beschluss vorgelegt. In den Gemeinden Eisingen, Engelsbrand, Neuenbürg und Königsbach-Stein ist dies bereits erfolgt. Die Gemeinden Tiefenbronn, Neuhausen, Straubenhardt, Birkenfeld, Keltern, Remchingen und Kämpfelbach folgen in den nächsten Wochen.
„Übrigens nehmen die meisten Waldbesitzer inzwischen freiwillig an unabhängigen Zertifizierungssystemen wie PEFC oder FSC teil. Deren Vorgaben liegen über dem gesetzlichen Standard und werden ebenfalls im Forsteinrichtungswerk berücksichtigt. Nachhaltigkeit wird im Enzkreis gelebt“, betont Dezernent Holger Nickel.