Weihnachtsgrußwort 2016
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
der Anschlag von Berlin macht uns sprach- und fassungslos. Wir trauern mit den Verletzten und den Familien der Opfer und fragen uns: Werden diese Attacken weltweit, viele davon auf unsere Werte, je aufhören? Ich denke, die Antwort kann – wie im Aufruf für ein Gedenkgebet in Straubenhardt – nur lauten: Unseren Hass, unsere Angst, unsere Freiheit bekommt Ihr nicht.
Wenn wir auf das vergangene Jahr zurückblicken, können wir doch feststellen: Es geht den meisten von uns in Deutschland und hier im Enzkreis gut. Unsere Beschäftigungslage ist stabil und auf hohem, die Arbeitslosigkeit dagegen schon seit Jahren auf einem sehr niedrigen Niveau. Daran hat auch der Zuzug von fast 3.000 Flüchtlingen nichts geändert, die wir in diesem und im letzten Jahr untergebracht haben.
Wir haben gemeinsam eine große und großartige Leistung vollbracht – die Menschen in den Gemeinden, die Ehren- und Hauptamtlichen, die Betriebe und Verwaltungen. Dafür bin ich sehr dankbar, denn wir alle wissen: das war die Kurzstrecke, der Marathonlauf liegt noch vor uns. Damit meine ich die dauerhafte Integration der Flüchtlinge in unsere Gesellschaft, in den Arbeitsmarkt und in unser soziales Leben.
Doch davor muss uns nicht bange sein, auch wenn es weiterer Anstrengungen bedarf – und trotz der Ereignisse in Berlin. Wir haben die Möglichkeiten dazu, und wir sind gemeinsam auf einem guten Weg. Von Rückschlägen sollten wir uns weder beirren noch verunsichern lassen. Denn was wären – gerade angesichts des bevorstehenden Weihnachtsfestes – die Alternativen? Es gilt nach wie vor der Satz von Benjamin Franklin: „Wer bereit ist, Freiheit aufzugeben, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.“ Wollen wir uns wegdrehen, wenn Menschen zu uns kommen, die alles verloren haben, die wenigstens ihr Leben und das ihrer Kinder retten wollen?
Vergessen wir dabei aber nicht: Auch unter den „Einheimischen“ gibt es Menschen, die Hilfe und Unterstützung brauchen; die ihren Partner oder nahe Angehörige verloren haben; die gegen Krankheit oder Einsamkeit kämpfen und sich oft nichts mehr wünschen als ein wenig Zuwendung und menschliche Wärme. Meine Hochachtung gilt allen unter Ihnen, die sich hier – vorwiegend ehrenamtlich – engagieren und so „ein Licht in die Welt tragen“, wie es in einem Weihnachtslied heißt.
Ein solches Licht wollen wir als Enzkreis auch in den tansanischen Bezirk Masasi tragen. Dort unterstützen wir die lokalen Krankenhäuser und helfen beim Aufbau von Systemen, die auf erneuerbaren Energien beruhen – und dadurch einen Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel leisten. Damit versuchen wir auch, den Menschen dort, im östlichen Afrika, dabei zu helfen, Perspektiven zu entwickeln. Denn neben Krieg und Verfolgung sind Hunger, Armut und eben das Fehlen von Perspektiven, von guten Aussichten die Ursachen dafür, dass Menschen ihre Heimat verlassen und als Flüchtlinge zu uns kommen.
Ich wünsche Ihnen ein besinnliches Weihnachtsfest und für das neue Jahr nicht nur gute, sondern sehr gute Aussichten – und die notwendige Gelassenheit, um dies auch schätzen zu können; in Freiheit, ohne Hass und Angst.
Ihr Karl Röckinger, Landrat