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Unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA)

Gut 60.000 unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA) gibt es derzeit in Deutschland. Ihre Zahl ist in den vergangenen Monaten stark angestiegen. Seit November gilt die Quotenregelung des „Königsberger Schlüssels“ auch für diese Gruppe. Zuvor kümmerte sich das Jugendamt um sie, in dessen Bereich die jungen Menschen angetroffen worden waren. Nun müssen einige Länder deutlich mehr Kinder und Jugendliche aufnehmen – Baden-Württemberg etwa fast doppelt so viele wie zuvor.

Im Enzkreis leben momentan (Stand: 7. 12.2015) 68 „UMAs“, zehn bis zwölf weitere werden noch vor Weihnachten erwartet. Für das kommende Jahr rechnet man im Kreisjugendamt mit etwa 120 bis 150 Minderjährigen, die ohne Eltern oder andere nahe Verwandte nach Deutschland geflohen sind. Die meisten von ihnen sind Jungen im Alter von 16 oder 17 Jahren aus den Kriegsgebieten in Syrien, dem Irak und Afghanistan. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie in Deutschland bleiben können, ist sehr hoch.

Für unbegleitete minderjährige Ausländer ist – wie für deutsche Kinder und Jugendliche – das Jugendamt zuständig. Dort hat man nun eigens einen Sozialarbeiter eingestellt, der für sie die Vormundschaften übernimmt und zusammen mit den Sozialarbeitern die geeigneten Hilfen organisiert. Sein Problem: In den „normalen“ Flüchtlings-Unterkünften sollen die Minderjährigen nicht untergebracht werden. Es fehlen jedoch Plätze in Einrichtungen der Jugendhilfe wie dem Sperlingshof, der Niefernburg oder dem Hohberghaus in Bretten. Für eine Erhöhung der Kapazität werden passende Immobilien, noch mehr aber betreuende Fachkräfte dringend gesucht.

Auch deshalb setzt der Enzkreis auf Pflegefamilien, mit denen man in der Jugendhilfe über viele Jahre sehr gute Erfahrungen gemacht hat. Gesucht werden Familien, die einen Flüchtling bei sich aufnehmen und ihm nicht nur ein Zimmer zur Verfügung stellen, sondern ihm auch die notwendige Hilfestellung geben beim Einleben in Deutschland, beim Schulbesuch oder bei der Suche nach Ausbildungs- oder Arbeitsplatz.

Die Aufgabe erfordert Offenheit und Toleranz – denn die Jugendlichen kommen aus einer anderen Kultur und bringen zudem nicht selten unaufgearbeitete Kriegserlebnisse oder traumatisierende Erfahrungen von ihrer Flucht mit. Viele von ihnen sind sehr motiviert, die Vergangenheit hinter sich zu lassen, ihren Platz in unserem Land zu finden und vor allem schnell Deutsch zu lernen. Gerade die fehlende gemeinsame Sprache – auch Englisch sprechen nur wenige der UMAs – kann im Familienalltag schnell zu Missverständnissen führen.

Auf der anderen Seite, so die Erfahrung des Jugendamts, machen die Gast- und Pflegefamilien Erfahrungen, die ihr Leben bereichern – so sehr, dass viele von ihnen auch zwei- oder dreimal junge Flüchtlinge bei sich aufnehmen. Seitens des Jugendamts gibt es eine kompakte Einführung, intensive Beratung und Begleitung, Supervison sowie den Erfahrungsaustausch mit anderen Pflegefamilien. Außerdem erhalten die Familien ein sogeganntes Pflegegeld für die Sachausgaben und den Erziehungsaufwand, das sich nach dem Alter richtet; für Kinder und Jugendliche von 12 bis unter 18 Jahren beträgt es derzeit 906 Euro.

Wer sich über die genauen Anforderungen an eine Pflegefamilie informieren oder sich direkt bewerben möchte, wendet sich an Susanne Wendlberger im Jugendamt.