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Datum: 27.09.2024

Ziel Geschlechtergerechtigkeit: Junge Frauen aus dem Enzkreis bei EU-Projekt in Spanien dabei

Fünf Frauen aus Pforzheim und dem Enzkreis nehmen an einem Projekt der EU teil. Sie setzen sich mit den Herausforderungen der Geschlechtergleichheit mit Gruppen aus Spanien und Portugal auseinander. Dabei stoßen sie auf verschiedene Ansichten, entdecken aber auch Gemeinsamkeiten über die verschiedenen Kulturen hinweg.

„Ich studiere Übersetzungswissenschaften und bin schon immer am interkulturellen Austausch interessiert“, sagt die zwanzigjährige Emelie Seidel. Acht Tage lang hat sie an einem Jugendaustausch der EU in Almedíjar, einem kleinen Dorf in Spanien in der Nähe von Valencia teilgenommen. Dabei hat Seidel sich gemeinsam mit vier weiteren Teilnehmerinnen aus Pforzheim und dem Enzkreis und einer Gruppe aus Portugal und Spanien mit dem Sustainable Development Goal (SDG) Nummer fünf auseinandergesetzt. Die SDGs sind 17 Ziele, die sich die Vereinten Nationen (UN) auf die Agenda gesetzt haben, um bis zum Jahr 2030 globale Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Sie umfassen Vereinbarungen wie „Kein Hunger“ oder „Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen“.

SDG Nummer fünf, an dem die jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis Anfang 20 arbeiteten, beschreibt die Geschlechtergleichheit. Für die Planung und Organisation des Deutschen Teams war das Landratsamt zuständig. Angekommen in Alemedíjar besprach die Gruppe zunächst ihre Erwartungen, Herausforderungen und Ängste für die kommende Woche. Wichtig war dabei vor allem den Frauen, sich gemeinsam mit Männern über das Thema Geschlechtergleichheit zu unterhalten. Aus Spanien und Portugal waren nämlich im Gegensatz zu Deutschland auch Männer angereist. Auch über die anderen Kulturen wollten die jungen Erwachsenen etwas lernen. Ängste waren vor allem sich nicht verstanden zu fühlen, kulturelle Unterschiede und Sprachbarrieren.

„Ich hatte vor Beginn des Projekts schon Angst wegen des Themas“, sagt Mireia Alemany Pereia, die das Projekt in Spanien leitete. „Das ist so sensibel, da muss man vorsichtig sein, wie man das genau bearbeitet“. Eine Aufgabe war es beispielsweise, sich zunächst in den nationalen Temas zusammenzusetzen, um zu reflektieren, wie die aktuelle Situation im eigenen Land in Sachen Geschlechtergleichheit aussieht. Dabei sollte auf Punkte wie Häusliche Gewalt, Bildung oder Politik eingegangen werden.

Anschließend wurde die Situation zwischen Portugal, Deutschland und Spanien verglichen. Dabei fiel auf, dass sich die Länder in vielen Punkten ähneln, trotzdem stellte die Gruppe auch Unterschiede fest. In Spanien schreibt beispielsweise ein Gesetz vor, dass es in börsenorientierten Unternehmen mit über 250 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von mindestens 50 Millionen Euro einen Frauenanteil von 40 Prozent geben muss. „Das Problem ist aber, dass es in Spanien viele Unternehmen gibt, die viel kleiner sind. Da gilt das Gesetz dann nicht“, weiß Noa Palacián, Teilnehmerin aus Spanien. Portugiesin Ângela Branco sieht die Frauenquote ganz allgemein kritisch: „Ich möchte einen Job nicht aufgrund dessen bekommen, weil ich eine Frau bin. Das setzt mein Können und mein Niveau herab. Man sollte anerkennen, dass Frauen genauso talentiert in Führungspositionen sind. Ein ausgewogenes Verhältnis der Geschlechter sollte automatisch entstehen.“

Diskussionen dieser Art blieben in der Woche kein Einzelfall. „Dass wir in verschiedenen Ländern an gleichen Fronten kämpfen, ist einerseits traurig, schenkt einem aber auch Hoffnung, zusammen etwas bewegen zu können“, findet Teilnehmerin Emelie Seidel. Das Erarbeitete rund um SDG 5 wurde dann in Form von Videos wiedergegeben. Die verwendeten Techniken waren dabei „Pixilation“, eine Stop-Motion-Technik, bei der Personen oder Gegenstände durch eine Einzelbildschaltung aneinandergereiht werden und „Cut-Out“, das dieselbe Technik beschreibt, jedoch mit ausgeschnittenen Kollage-Bildern. Erste Eindrücke davon kann man bereits auf dem Instagram-Account der spanischen Organisation des Projekts sehen (@euroimpulse_network). Nach und nach sollen auch die fertigen Videos hochgeladen werden.

Auch über das Thema hinaus konnten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer weiterbilden. So war für jede der drei Nationen ein Abend vorgesehen, an dem man die eigene Kultur und das Essen vorstellen konnte. Die Spanierinnen und Spanier bereiteten Tapas und Karaoke mit Liedern wie „Macarena“ vor, die Deutschen schabten selbst Spätzle und es wurde stille Post mit deutschen Wörtern gespielt – mit wenig Erfolg, aus manchen Begriffen wurde am Ende „Fufufu“.

„Ihr wart eine tolle Gruppe, die respektvoll mit dem Thema umgegangen ist“, resümiert die spanische Leiterin Alemany Pereia nach Projektende. Sie sei froh, dass ihre anfänglichen Befürchtungen nicht eingetroffen sind. Die Resonanz der Gruppe aus Pforzheim und dem Enzkreis war durchweg positiv: „Ich habe mit keinen Erwartungen teilgenommen, aber letztendlich war es eine großartige Erfahrung. Es war interessant sich mit Leuten aus unterschiedlichen Kulturen und Ansichten über das Thema Geschlechtergleichheit zu unterhalten. Der Jungendaustausch in Spanien war ein echtes Abenteuer. Ich habe bestimmt nicht zum letzten Mal bei so einem Projekt mitgemacht“, erzählt Aylin Falk aus Pforzheim. Auch Seidel scheint begeistert von dem Projekt: „Ich habe wahnsinnig tolle Menschen kennengelernt und neue Freunde und Freundinnen gefunden. In dieser Woche habe ich mehr gelernt, als ich es für möglich gehalten hätte.“