Sprungziele
Inhalt

Folge 11: Gemüse- und Obstbau

Was macht die Landwirtschaft im Enzkreis aus? Wer prägt unsere Kulturlandschaft und produziert unsere Nahrungsmittel vor Ort? Die Artikelserie „Farm-Fenster" beleuchtet Aspekte der hiesigen Landwirtschaft und ihre Bedeutung für die Menschen in der Region. Der elfte Teil der Reihe widmet sich dem Thema Gemüse- und Obstanbau.

„Schaut, was hier alles wächst!“

Der Blick über die Gemüsefelder und das beschauliche Enztal lädt ein zum Staunen über all das Gute, das die Natur hervorbringt. In der Freude am Säen, Pflanzen, Gedeihen und Ernten arbeitet und lebt Familie Stahl und lädt die Kunden zum Genießen ein.

Die Stahls, das sind die Betriebsleiter Matthias (37, Studium der Agrarbiologie) und David Stahl (30, Techniker der Landwirtschaft), die Eltern Karl und Christel Stahl und ein engagiertes Mitarbeiterteam. Saisonarbeiter unterstützen in den saisonalen Arbeitsspitzen bei der Bewirtschaftung des landwirtschaftlich-gartenbaulichen Betriebes in Lomersheim zusätzlich. „Es ist heutzutage nicht einfach, Mitarbeiter zu gewinnen, und das trifft insbesondere für die Landwirtschaft zu.“

Der Weg zur Direktvermarktung rund um die Uhr

1960 siedelten die Großeltern der Betriebsleiter aus - wie viele Höfe in dieser Zeit. Familie Stahl begann später, Gemüse für die Industrie anzubauen, was sich aber zunehmend schwierig gestaltete. Die Entwicklung führte über die Jahre weg von der Masse hin zur Vielfalt und weg vom Weltmarkt hin zur Direktvermarktung.
Aus dem Zusammenschluss mit anderen Landwirten entstand der Bauernmarkt Pforzheim, bald ergänzt durch den Verkauf ab Hof. Inzwischen sind der Hofladen in Lomersheim und verschiedene Märkte in der Umgebung (z.B. Mühlacker, Pforzheim, Maulbronn, Genussscheune) feste Absatzwege. Ein Verkaufsautomat ermöglicht den Einkauf außerhalb der Öffnungszeiten des Hofladens. Darin sind Milch, Eier, Wurst abgepackt erhältlich. Der Automat wird rege in Anspruch genommen, sogar nachts.

In der näheren Umgebung gibt es keinen Betrieb, der so vielfältig aufgestellt ist. Auf Feldern und Wiesen (zwei Drittel Ackerflächen, ein Drittel Grünland und Streuobst) gedeihen Gras, Heu, Mais und Luzerne für die Tiere, deren Fleisch es an bestimmten Terminen zu kaufen gibt. Getreide, Zuckerrüben und Kartoffeln ermöglichen eine vielfältige Fruchtfolge.
Rund um den Bauernhof Stahl wächst das heimische Gemüse in vielen Farben und Formen: bunte Salate, Kräuter und Kohlgemüse, alle Rüben- und Wurzelgemüse und Zwiebeln. Im Juni gibt es noch den Grünspargel und Rhabarber, dann kommen Erbsen und Bohnen und bald die Sommerfruchtgemüsesorten wie Zucchini, Auberginen, Gurken und Paprika. Melonen erfrischen im Sommer, und auch der Herbst bringt sein Besonderes wie Süßkartoffeln und Kürbisse.

Farbenfrohe Vielfalt

Frau Stahl sagt: “ Für mich ist der Monat Juni der schönste: feines junges Gemüse und die ersten heimischen Beeren!“ Auf dem Beerenfeld der Landwirtsfamilie färben sich jetzt Himbeeren und Johannisbeeren. Das Obstsortiment kann sich sehen lassen: Rote, Weiße und Schwarze Johannisbeeren, Josta- und Stachelbeeren, Himbeeren, Brombeeren sowie Heidelbeeren, Wasser – und Galía-Melonen. In der Summe werden über hundert Sorten verschiedener Arten angebaut. Aus selbst erzeugten Früchten und der Milch der eigenen Kühe wird Milcheis in verschiedenen Geschmacksrichtungen zubereitet.

Die Vermarktung hängt stark von den natürlichen Gegebenheiten ab: „Nicht immer ist die Ernte gleich gut und reichlich, was sich auch auf den Preis auswirkt. Wenn das Gemüse beim ersten Anbau erfroren ist, verschiebt sich die Ernte nach hinten. Das Gemüse wird angeboten, wenn es bei uns Saison hat. Einzelne Erzeugnisse kaufen wir von anderen Bauernhöfen zu. Geerntet wird marktnah und taufrisch; man muss im Sommer vor 5:00 Uhr aufstehen. Zum Teil leidet schon der Schlaf!“

Familie Stahl wirtschaftet nach den Richtlinien des integrierten und kontrollierten Anbaus. Matthias Stahl erklärt: „Im Gewächshaus beispielsweise arbeiten wir viel mit Nützlingen wie Schlupfwespen, die manch gefräßige Larven angreifen. Mit Vliesen und langjährig nutzbaren Netzen können wir auf dem Feld den einen oder anderen Schädling vom Gemüse fernhalten, bei bestimmten Pilzkrankheiten hilft uns die Molke. Den Holunderanbau mussten wir wegen der Kirschessigfliege, die im Beerenobst große Schäden anrichtet und seit einigen Jahren bei uns heimisch ist, aufgeben. Im Strauchbeerenfeld hilft das regelmäßige Pflücken, das Entfernen der kranken und schlechten Beeren sowie die konsequente Freihaltung von Unkraut.
Seit dem extrem heiß-trockenen Jahr 2003 betreiben die Stahls einen Brunnen zur Unterstützung bei der Bewässerung. Vielfach arbeite man mit Tropfbewässerung, um mit weniger Wasser die Pflanzen gezielt zu versorgen.

Erfüllung bei einer Arbeit, die erdet

Für Christel Stahl ist gerade die Vielfalt des heimischen Anbaus das Schöne. Nichts sei selbstverständlich; man sei dankbar für die fruchtbare Region. Und wenn der Kunde sagt: “Boah, das hat so gut geschmeckt!“, dann sei dies das größte Lob. Nach einem Motto für ihr Tun gefragt, antwortet sie: „Frische Vielfalt vom heimischen Feld für Menschen von hier!“ Lebensmittel seien mehr als ein Produkt, es gehe um Leben und Wachsen. Und nicht nur aus ökologischen Gründen sei es sinnvoll, das hier Gewachsene auch hier zu verzehren. Gerade heute zeige sich, wie wichtig eine gute Versorgung im eigenen Land ist. Klimatische Veränderungen, Personalknappheit, steigende Kosten und politische Vorgaben stellten vor ständig neue Herausforderungen.

Matthias Stahl ist es wichtig, mit Menschen der Umgebung und den Kunden im Gespräch zu sein. “Ich freue mich, wenn ein Kunde nach der Arbeit zu mir kommt und sagt: ‚hier werde ich geerdet‘. Verständnis füreinander und für die Arbeit auf dem Hof, die Lebenswelt des anderen bedarf der gegenseitigen Offenheit. Darum sind Kunden, Groß und Klein, auf dem Hof willkommen. Ich finde Erfüllung bei der Arbeit, dem gemeinsamen Unterwegssein auf dem Hof und will gerne die Welt mitgestalten.“